|
|
Aber wechseln wir die Gattung und reden von etwas anderem (anderem?)... Ausgangslage einer Wohnungseigentümerversammlung, zu der Nachbarn geladen worden waren
Die Columbusstraße und die Schanzenstraße in D. laufen im spitzen Winkel aufeinander zu. In diesem spitzen Winkel stand bislang eine Kastanie, die aber gefällt werden musste. Nun hatten die Bewohner des spitzen Winkels in der Columbusstraße statt eines Baumes eine leere hintere Hausfassade vor ihrem Wohnzimmerfenster. Also baten sie die Bewohner der Schanzenstraße darum, an deren Fassade eine Glyzinie (Blauregen) hochziehen zu dürfen, etwa 9 m hoch, zur Steigerung der eigenen Lebensqualität. Denn Pflanzen sehen nun mal schöner aus als eine graue Fassade. „Und wir bezahlen Euch auch einen neuen Anstrich und geben Euch sogar die Gelegenheit, mit Hilfe unseres Gerüstes Eure Schäden an der Wand zu beseitigen.“ Die Versammlung Es gab also eine Versammlung, die darüber befinden sollte, ob diese Maßnahme ermöglicht werden sollte. Sehr interessant war die Bemerkung eines Wohnungseigentümers der Schanzenstraße: „Vorne hui und hinten Pfui!“ Was war vorausgegangen? Herr S. hatte gesagt: „Aber die Anbringung des Blauregens ist doch eine Verschönerung!“ Worauf Herr H. von der Schanzenstraße eingeworfen hatte: „Für wen? Wir sehen doch nichts davon.“ Was zu der Bemerkung führte, man könne doch nicht vorne ein Hui haben und hinten tummele sich das Pfui. Warum hat Herr S. denn nicht, als es kurz davor um das Streichen der Fassade ging, auf den ach so schäbigen Zustand der hinteren Hauswand hingewiesen? Das ist ihm erst eingefallen, nachdem die ihm freundschaftlich verbundene Frau L. von der Columbusstraße gesagt hat: „Ich bin ja so deprimiert, wenn ich auf Ihre Hauswand schaue! Und der Wind weht jetzt ja so ungemein bei uns rein, seitdem der alte Baum weg ist. Da brauchen wir doch eine Kletterpflanze an Ihrem Haus, Herr Nachbar, der den Wind mildert und die Geräusche der Schanzenstraße etwas abdämpft, was der alte Baum mit seiner breiten Krone ja so gut vollbracht hat. Und weil das Gerüst so teuer ist, würden wir gerne auch noch Ihren frisch gestrichenen Hausflur zum Transport der Gerüstteile benutzen, weil das für uns viel billiger wäre.“ Das alles aber wurde von den meisten lieben Eigentümern der Schanzenstraße als ganz normal empfunden, hatten sie doch an einem schönen Sonntag bei einem „Ortstermin“ vom selbst gebackenen Kuchen der Frau L. gegessen, der zwar wahrscheinlich nicht durch Marihuana oder dergleichen angereichert war. Alle waren aber high danach. Und getrunken hatten sie auch von den schönen Worten des Herrn S., der nämlich die Worte wohl zu setzen weiß. Einwände des Hausverwalters (übrigens ein Fachmann in Sachen Gärtnerei), dass der Blauregen die Halterungen brutal entfernen könnte, und zwar so, dass sie kaum erneuert werden können, da die Blauregenstämme nicht zu bewegen sind, also bleibende Schäden entstehen, wurden nicht einmal im Ansatz diskutiert. Man war ja aphrodiadisiert. Und H. ist nun derjenige, der den lieben Nachbarn ihr Glück (und die Wertsteigerung ihres Hauses) nicht gönnt. Aber H. hatte ja nicht von dem Kuchen gegessen...
|
|||
[Portal Hermann Hoppenkamps] [Schafe] [Schopenhauer] [Nietzsches Schwester] [Retortenbaby] [Vamps] [Krimi] [Schwarzes Loch] [Germanistik] [Alte Rose] [Handy-Traum] [Damals und heute] [Onkologische Naturgedichte] [Fotoschuhting] [Zombies] | |||
[Portal Hermann Hoppenkamps] [Leo Läufer's Baustelle] [Aktuelles] [Kater] [Kinderbuch] [Persiflate] [Text und Bild] [Verschiedenes] [Verdichtetes] [Kontakt] [Archiv] |