Back to Blood ist das letzte Buch von insgesamt vieren, die ich von Tom Wolfe gelesen habe. Und dasjenige, das am kunstvollsten strukturiert ist. Lässt man die Bücher Revue passieren, so erhält man ein Spiegelbild der amerikanischen Gesellschaft der letzten 25 Jahre. The Bonfire of the Vanities (1987) demaskiert die „Masters of the Universe“, also die Banker und Broker der 80er Jahre. Gut zehn Jahre später erschien A Man in Full, das den sagenhaften Aufstieg von Atlanta und den dortigen Bauboom schildert. 2004 erschien dann I am Charlotte Simmons, ein verwirrender Blick auf das amerikanische College nicht nur dieser Zeit. Back to Blood wiederum stellt sich in die Tradition von z.B. John Steinbeck, aus dessen Grapes of Wrath verdeckt zitiert wird. Einerseits. Und andererseits kann man dieses Buch auch als einen komplementären Entwurf ansehen zu The Tortilla Curtain (1995) von T. Coraghessan Boyle, in dem der Clash der Kulturen der USA und Mexikos an der Westküste und im Süden der Vereinigten Staaten thematisiert wird. In Miami, dem Spielort von Back to Blood, ist aber alles inzwischen noch viel schlimmer oder einfach nur spannender geworden, da hier viel mehr Ethnien in die Sache verwickelt sind (Kubaner, Südamerikaner, Afro-Amerikaner, Russen, WASPs oder Anglos, wie sie jetzt genannt werden dort). Tom Wolfes bislang letztes Buch, im Oktober 2012 erschienen, hat zudem Züge eines gelungenen Kriminalromans, mit einem kubanischen Officer in der Hauptrolle und einem russischen Oligarchen als hochangesehener Bürger der Stadt (=Verbrecher), der allerdings für den Mord, den er verübt, nicht büßen muss, denn Tom Wolf ist ja ein (bei aller Satire) durch und durch realistischer Erzähler.Eine der schönsten Schilderungen betrifft übrigens eine Reality Show, die nebenbei von den Akteuren fabelhaft analysiert und entlarvt wird. Und eines der schönsten Namen in diesem Buch ist neben Maurice Fleischmann, dem sexsüchtigen Onanisten, der der Stylistin in der Reality Show. Ihr Name ist Maria Zitzpoppen. Ja, man kann vieles in dem Buch als schönste Gesellschaftssatire ansehen, die eben bis in die Namen hinein gestrickt ist.
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